Warum Langeweile manchmal sehr wichtig sein kann

Stellt euch vor, ihr sitzt in einem kahlen Raum, vor euch ein Bildschirm.  Es läuft ein Video indem zwei Männer Wäsche aufhängen. Sie machen dies in aller Ruhe, sehr langsam und bedacht. Einer greift nach einem Wäschestück zieht es langsam aus dem Stapel und fädelt es unbeholfen auf den Ständer. Nimmt es noch einmal herunter. Hängt es wieder auf. Zwickt es in Zeitlupe mit einer Wäscheklammer fest. So geht das weiter bis der ganze Stapel hängt…. Die weiteren Details ersparen wir euch.

Forscher von der Universität von Waterloo in Kanada quälten im Jahr 2010 die Teilnehmer eines Experiments damit fast vier Minuten lang. Minuten, die sich angefühlt haben müssen wie Stunden. So wollten die Wissenschaftler herausfinden, was bei Langeweile im Körper passiert.

Das Ergebnis: Obwohl die Videogucker extrem angeödet waren, schlug ihr Herz schneller, ihr Körper schüttete Stresshormone aus – beides Zeichen dafür, dass sie in Alarmbereitschaft waren wie vor einer Prüfung. 

Bei Langeweile ist der Körper hellwach, während der Geist immer träger wird. Genau deshalb fühlt sie sich so quälend an. Gleichzeitig macht Langeweile uns unruhig, manchmal sogar gereizt – wie eine juckende Stelle, die man nicht kratzen kann. Wer das Video von den Wäsche aufhängenden Männern weiter anschaut, kann das erleben: Spätestens nach zwei Minuten möchte man ihnen die Socken aus der Hand reißen und selbst aufhängen. Oder irgendetwas anderes tun, um die nervtötende Situation zu beenden.

ABER: Wer sich langweilt, wird kreativ

Wie kann die Langeweile das schaffen? Psychologen glauben, dass sie uns gewissermaßen daran erinnert, was wir im Leben eigentlich mit der Zeit anfangen wollen: Neues erfahren und Sinnvolles tun, Freunde treffen etwa oder mit dem Hund spielen. Jede vergeudete Minute dagegen macht uns verrückt.

Trotzdem gelingt es oft nicht, sich abzulenken. Forscher vermuten, dass bei Langeweile ein bestimmter Bereich im Gehirn nicht richtig arbeitet: der präfrontale CortexEr sitzt genau hinter der Stirn und sorgt eigentlich dafür, dass wir kontrolliert handeln und vernünftige Entscheidungen treffen. Nur: Bei Langeweile funktioniert diese Selbstkontrolle möglicherweise nicht richtig. Deshalb ist es in solchen Momenten so schwer, sich selbst eine sinnvolle Beschäftigung zu suchen. Manchmal muss man Langeweile also einfach aushalten.

Vielleicht gelingt euch das beim nächsten Mal ja besser. Denn Langeweile kann uns auch auf neue, verrückte Ideen bringen. Warum nicht einen Detektivclub gründen? Oder eine Seifenkiste bauen? Manchmal löst das Gehirn in langweiligen Momenten sogar Probleme, ohne dass wir es merken. Denn dann hat es Zeit, über ganz anderen Dingen zu brüten. Es kann also sein, dass ihr in der nächsten Mathestunde auf einmal eine Textaufgabe lösen könnt, die euch bislang schwergefallen ist. Und das nur, weil ihr am Tag vorher jemandem beim Wäscheaufhängen zugeguckt habt.

Es gibt einige Situationen, wo Langeweile sehr gut ausgetrickst werden kann. Im Auto z. B. gibt es einige sehr einfache Spiele, die euch dabei helfen können die langen Fahrten mit den Kids angenehmer zu gestalten. Klassiker sind dabei:

Autokennzeichen raten

Ist man länger auf der Autobahn unterwegs, sieht man viele verschiedene Kennzeichen, die die Herkunft der Autos, Busse, Trucks und Taxis verraten.

Druckt euch vor der Autofahrt eine Liste mit den Kfz-Kennzeichen aus (damit ihr nachschauen könnt, wer Recht hat), und los geht’s. Jeder der das Kennzeichen eines Autos richtig rät, bekommt einen Punkt. Einfache Variante: jeder merkt sich eine Zahl und für eine bestimmte Strecke, Zeit werden diese gesammelt; am Ende gewinnt der, dessen Zahl man am häufigsten überholt hat.

Ich sehe was, was du nicht siehst

 Ein Spieler sucht sich einen Gegenstand oder eine Fläche aus und nennt die dazugehörige Farbe. Die anderen versuchen zu raten, was gemeint ist.

  • Zu beachten, wenn man das Spiel im Auto spielt: Wählt etwas, das man länger im Blick hat, oder etwas das sich im Auto befindet.

Black Stories

Variante für etwas größere Kinder: Die sogenannten Black Stories kann man fertig kaufen, aber natürlich auch selbst erfinden. Es sind spannende Geschichten, deren Hergang zu erraten ist. Eine Person liest das Ende einer Geschichte vor, die anderen raten, wie es dazu kam. Beispiel: Ein Mann liegt tot auf einer Wiese, neben ihm ein Paket. Was ist passiert?

Jeder darf reihum eine Frage stellen; die Person, die Bescheid weiss, antwortet nur mit ja oder nein. So nähert man sich gemeinsam der Lösung. In diesem Fall: Der Mann ist abgestürzt, weil sein Fallschirm sich nicht geöffnet

hat. Der liegt jetzt als Paket neben ihm.

Bingo

Vorab wird eine Liste mit Gegenständen zusammengestellt. Wer unterwegs als erstes einen davon sieht, ruft "Bingo!" und bekommt einen Punkt. Das funktioniert auch mit Autokennzeichen. Wer sieht zuerst ein Auto aus Hamburg, wer sieht zuerst einen Truck aus Holland? Wer sieht zuerst ein grünes Auto, einen Anhänger mit einem Motorrad oder ein Auto wo ein Hund mitfährt….Verkehrsschilder eignen sich auch sehr gut dafür. Schwieriger wird es, wenn man erst eine Reihe von Gegenständen sammeln muss, bis man "Bingo!" rufen darf.

Dies sind nur einige Möglichkeiten, um der Langeweile zu trotzen, aber wie gesagt, manchmal ist es auch wichtig einfach nur dazusitzen und die Langeweile ein wenig aushalten lernen.

Quelle: Geolino Exra Nr. 76, Artikel von Luisa Hommerich

Michaela Tollo, Zentrum Mensch